Von einem, der auszog, einen Taschenrechner zu kaufen
Wie alles begann...
In den letzten Semesterferien stellte ich wenig erfreut fest, daß mein guter alter Sharp EL-531GH (ein sehr robustes, wenn auch etwas klobiges Modell von '94/'95 rum) Segmentausfallerscheinungen zu zeigen begann - da fehlte schon mal bei allen Zahlen das unterste Segment, und auch das "-1" bei "sin-1" war nicht mehr zu sehen. Da das Innere sich für den Mehr-oder-weniger-Laien wenig reparaturfreundlich gab, wurde beschlossen, ein neues Ersatzgerät anzuschaffen.
Anforderungen
Soweit, so gut. Die Anforderungen meinerseits waren eher moderat - grafikfähig mußte er nicht unbedingt sein (schließlich hat man ein Notebook und Maple, damit geht das weitaus besser), programmierbar schon gar nicht (das auch aus Budgetgründen), um ehrlich zu sein: Der Funktionsumfang des "Alten" plus vielleicht Pi mal auf der ersten Ebene wäre völlig ausreichend. Daneben sollte die Beschriftung auch der zweiten Ebene gut lesbar sein, schließlich muß man ja auch seinem Seh(un)vermögen Rechnung tragen. Aber das sollte ja eigentlich nicht das Problem sein...
Auf ins Getümmel!
Nun denn, so machte sich unsereiner also auf zum nächstgelegenen "Ich bin doch nicht blöd", um dort das Angebot in Augenschein zu nehmen. Stellte dort fest, daß bei den besseren Geräten zweizeilige Displays im Trend lagen - gut, meinetwegen gern. Es waren im wesentlichen drei Firmen vertreten:
- Sharp: Hier fand sich der Nachnachnach...nachfolger meines Alt-Modells in Gestalt des EL-531VH. Leider disqualifizierte sich das Gerät fast sofort durch seine helle Gehäusefarbe, von der sich die bunte Beschriftung der zweiten Ebene kaum abhob. (Die neueren Sharps gelten wohl auch sonst als mechanisch weniger solide als die alten.)
- Casio: Hier lag eine nicht unerhebliche Anzahl von Geräten aus, allerdings gab wiederum die Beschriftung der zweiten Ebene Anlaß zum Tadel: Winzige blaue Schrift auf dunkelgrauem Gehäuse ist auch nicht wirklich ergonomisch. (Naja, so sympathisch waren mir Casios eh nie.)
- Texas Instruments: Von TI konnte man im wesentlichen drei Modelle bestaunen, TI-30X IIS resp. IIB (einmal mit Solarpanel, einmal ohne, zum selben Preis), TI-34X II und TI-36X II. Der 36er hätte mir vom Funktionsumfang durchaus zugesagt, nur verstecken sich dort sin, cos und tan ebenso wie beim 34er hinter einer ominösen TRIG-Taste, die ein Auswahlmenü aufruft - ich wollte damit aber eigentlich rechnen und keine Ausbildung zum Menütrottel machen. Womit noch der "Kleine" übrigblieb, insbesondere der TI-30X IIS. Mit Pi auf der ersten Ebene und einer auf dem dunkelgrauen Gehäuse gut erkennbaren knallgelben und ausreichend großen Beschriftung der zweiten Ebene war also endlich ein potentieller Kandidat gefunden.
Augenscheinlich sollte mal so mancher Hersteller seine Hausaufgaben in Sachen Ergonomie machen. Das sollte man doch wohl heutzutage richtig hinkriegen können, oder? Ist irgendwie erschreckend, wenn es an solcherlei (eigentlich:) Kleinigkeiten scheitert.
Houston, wir haben ein Problem...
Nun war also der TI-30X IIS in der näheren Auswahl gelandet. Dummerweise gab es da ein Problem: Das Gerät war nur als Ausstellungsstück vorhanden, aber sonst nicht vorrätig, und der IIB zum gleichen Preis erschien wenig sinnvoll. Also auf zum nächsten Markt dieser Art, aber da sah es noch deutlich schlechter aus - wie ausgefegt. Nun gut, man sollte es vielleicht nicht gerade am Samstagnachmittag versuchen. Nummer 3 hatte wegen Umbauarbeiten geschlossen, und ein Geschäft für Büroartikel bot keine große Auswahl an wissenschaftlichen Taschenrechnern.
Wieder zuhause, machte ich erstmal das Netz unsicher, um Informationen über unseren Kandidaten einzuholen. Dabei war einerseits festzustellen, daß es in de.* keine eigene Gruppe für Taschenrechner gibt (es gab zwar mal einen entsprechenden Vorschlag, kam aber wohl nie durch, entsprechend wild verstreut waren die von Google Groups gefundenen Threads), anderseits fand sich aber auch eine Handvoll User-Reviews (wie nennt man die überhaupt "auf gut deutsch"? - "Benutzerbewertungen" klingt ja nicht so toll). Am Funktionsumfang war meist wenig auszusetzen, weniger Lob ernteten Tasten und Robustheit/Konstruktion des Geräts samt Deckel. Nun ja, das ließ nun doch gewisse Zweifel aufkommen; ob man nicht doch einen gebrauchten intakten EL-531GH...? Tja, auf Ebay jedenfalls schienen die alten Biester seltener angeboten zu werden, da war nix zu finden.
And the winner is...
Letztlich kam ich doch noch zu einem TI-30X IIS: Mein Elternteil väterlicherseits, von Anfang an mit von der Partie und weniger unschlüssig als unsereiner, machte etwas später noch einmal die einschlägigen Geschäfte unsicher und kam tatsächlich mit einem ebensolchen Gerät wieder.
Kurze Bewertung des TI-30X IIS
Der TI-30X IIS ist ein wissenschaftlicher Taschenrechner, der vom Funktionsumfang her nicht nur für die Oberstufe reicht, sondern auch die ersten Semester z.B. eines Physikstudiums ohne weiteres mitmacht.
An dem Gerät gefallen mir:
- das zweizeilige Display (oben Eingabezeile - man sieht endlich mal, was man da eintippt -, unten Ausgabe) mit
- Editierfunktionen für die Eingabe (Löschen/Einfügen, mit Cursor) sowie
- History-Funktion (er merkt sich die letzten paar Eingaben),
- die 5 Speicherplätze, die man auch symbolisch in Eingaben einbauen kann (man stelle sich vor, man müssen in dieselbe Formel mehrmals unterschiedliche Werte einsetzen, das erspart dann u.U. 'ne Menge Tipparbeit),
- die recht kompakte Bauform der Geräts,
- die einstellbare Zahl der Nachkommastellen (mag für manchen praktisch sein)
- und letztlich Pi auf der ersten Ebene :).
Weniger gut gefallen mir folgende Dinge:
- Unmögliche Deckelkonstruktion! Bis man den mal draufgepfriemelt hat, kann es 'ne Weile dauern. Hier wäre was zum Klappen in der Tat besser. Man wird sehen, inwieweit die Geschichte langzeitstabil ist.
- Tasten erfordern recht hohen Druck und sind ziemlich wabbelig, so richtig gummimäßig. Die vom Sharp waren schön leichtgängig.
- Die Plexiglasscheibe über Display und Solarpanel ist recht kratzanfällig - das liegt aber wohl in der Natur der Sache. Auch soll es vorkommen, daß Staub seinen Weg darunter findet, na mal sehen.
- Die Eingabeweise kann u.U. zu netten Klammerorgien führen.
- Viele Funktionen (etwa x-1, x2 etc.) wollen in der Anwendung auf das letzte Ergebnis (Variable "Ans") bestätigt werden, das verzögert die Rechnung unnötig (der alte Sharp hat's sofort gemacht).
- Tja, kaum ist Pi auf der ersten Ebene, ist prompt die Funktion "mal 10x" auf der zweiten...
Die anderweitig bemängelte wenig gute Rutschfestigkeit scheint mir zumindest im Neuzustand eigentlich recht normal zu sein (selbst wenn er lediglich Plastikausbeulungen statt Gummifüßen hat), nur ist das Gerät halt auch etwas leichter als z.B. mein alter Sharp-Klotz (der ja noch mit zwei entsprechend gewichtigen R6-Batterien läuft, während der TI eine leichte Lithium-Knopfzelle vom Typ CR2025 benutzt)...
Randbemerkung: Zum TI-30X
Mit dieser Krücke hat der TI-30X IIS zum Glück nicht viel gemein. Klammerung kann das alte Ding (hatte ich mal als Schulrechner) kein bißchen, und die trigonometrischen Funktionen im Bogenmaß sind für manche Überraschung gut, so ist etwa cos(Pi/2) angeblich minus irgendwas mal 10 hoch -12. Dumm nur, daß man Pi/2 als einzige Nullstelle des cos im Intervall [0,2] definieren kann, sprich da sollte exakt null rauskommen. Tut's auch, jedenfalls beim Sharp und beim TI-30X IIS.